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17.06.2025

Wasserbewusste Cloud Strategien 2025

Mit der CSRD wird der Wasserverbrauch in Rechenzentren zum zentralen Nachhaltigkeitsthema. Ab 2024/2025 müssen Unternehmen ihren IT-bezogenen Wasserverbrauch transparent machen – die Kennzahl WUE wird dabei zum neuen Benchmark für verantwortungsvolle Cloud-Strategien.

Olivia Brockmann

CSRD‑Pflichten, WUE und Praxisbeispiele für IT‑Entscheider

Die zunehmende Bedeutung des Wasserverbrauchs in Rechenzentren wird durch das Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Kommission sowie durch die steigenden Anforderungen an nachhaltige IT-Gestaltung maßgeblich verstärkt. Die CSRD verpflichtet große Unternehmen und kapitalmarktorientierte KMU ab 2024/2025 zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung, die auch Umweltaspekte wie den Wasserverbrauch von IT-Infrastrukturen und Cloud-Services einschließt. Dabei gewinnt die Kennzahl Water Usage Effectiveness (WUE) zunehmend an Bedeutung, da sie den Wasserverbrauch pro Kilowattstunde IT-Leistung transparent macht und als Benchmark für nachhaltige Cloud-Strategien dient. IT‑Entscheider müssen sich jetzt neu positionieren – mit Strategien, die Regulatorik, Technologie und Verantwortung verbinden.

Warum Wasser bei der CSRD zentral wird

Rechenzentren verbrauchen enorme Mengen Wasser – zur Kühlung, Befeuchtung und indirekt durch Stromproduktion. Laut UN wird Wasserknappheit durch den Klimawandel verstärkt; gleichzeitig verschleiert mangelnde Transparenz den tatsächlichen Verbrauch.

Nach Daten von Computer Weekly entfallen große Wasseranteile auf Kühl- und Befeuchtungssysteme, wobei Verdunstung in Kühltürmen ein unvermeidlicher Wasserverlust ist. Die CSRD verlangt daher künftig eine präzise Berichterstattung dieser Daten – nicht nur aus regulatorischer Sicht (doppelte Wesentlichkeit), sondern zur Analyse von Umweltauswirkungen und -risiken.

Wasserverbrauch und Effizienzkennzahl WUE nach EN 50600-4-9

Die Norm EN 50600-4-9 definiert die Water Usage Effectiveness (WUE) als Verhältnis des vom Rechenzentrum verbrauchten Wassers zum Energieverbrauch der IT. Der Wasserverbrauch ergibt sich aus der Differenz zwischen aufgenommenem und zurückgegebenem Wasser.

Die WUE wird in drei Stufen erhoben:

  1. Direkte Wassernutzung des Rechenzentrums
  2. Erweiterte Bewertung: inkl. Wasserverbrauch zur Energiebereitstellung, Differenzierung nach Wasserarten (z. B. Trinkwasser) und regionalem Wasserstress
  3. Zusätzliche Faktoren: Wasserverbrauch durch RZ-Logistik

Trotz wachsender Wasserknappheit erfassen laut Studien nur rund 50 % der Organisationen entsprechende Verbrauchsdaten. Die systematische Erhebung der WUE kann helfen, den Wasserverbrauch transparenter zu machen und Einsparpotenziale zu erkennen.

(Quelle: Umweltbundesamt)

 

Wie viel Wasser Rechenzentren verbrauchen
  • Microsoft verbrauchte 2022 rund 6,4Mrd.l Wasser – ein Plus von 34 % gegenüber 2021. Nach Angaben von Microsoft verbrauchen die Rechenzentren des Unternehmens weltweit 0,49 Liter Wasser pro kWh.
  • Google meldete für 2021 etwa 16,3Mrd.l, mit durchschnittlich 1,7Miol pro Tag und Standort.
  • Die WUE (Water Usage Effectiveness) von AWS liegt bei 0,19l/kWh, weit unter dem Branchenschnitt von 1,8l/kWh.

(Quelle: Computer Weekly)

Solche Daten verdeutlichen: Transparenz ist möglich – und notwendig, um WUE als Benchmark in der ESG-Berichterstattung fest zu verankern.

 

WUE & Klimabewusste Kühlungstechnologien

Water Usage Effectiveness (WUE) misst Liter Wasser pro Kilowattstunde IT‑Leistung. Niedrige Werte signalisieren Ressourceneffizienz. IT-Anbieter nutzen heute:

  1. Wiederverwertung von Brauchwasser/Regenwasser in Rechenzentren ermöglicht eine nachhaltige Kühlung, indem nicht-trinkbares Wasser zur Versorgung von Kühlsystemen genutzt wird. Dies reduziert den Frischwasserverbrauch, senkt Betriebskosten und schont wertvolle Ressourcen – besonders in Regionen mit Wasserknappheit.

  2. Free Cooling nutzt Außenluft zur Kühlung von Rechenzentren – ohne energieintensive Kältemaschinen. Kalte Luft wird direkt ins Rechenzentrum geleitet, wo sie die Wärme der Server aufnimmt und anschließend wieder ausgestoßen wird. Die Methode ist besonders effizient, da sie nur minimalen apparativen Aufwand benötigt und kaum Strom verbraucht – abgesehen vom Betrieb der Ventilatoren. Voraussetzung für ihren Einsatz sind geeignete Außentemperaturen, moderate Luftfeuchtigkeit und saubere Luft. Auch die Server müssen höhere Eingangstemperaturen (bis ca. 27 °C) tolerieren, was moderne Hardware zunehmend erlaubt. Damit ist Freie Kühlung eine klimafreundliche Option, die jedoch oft mit zusätzlichen Kühltechniken kombiniert werden muss.
    (Quelle: Datacenter Insider)

  3. Adiabatische Kühlung nutzt den natürlichen Effekt der Verdunstung: Wenn Wasser verdunstet, entzieht es der Umgebungsluft Wärme. In Kühlsystemen wie dem CoolStream wird trockene Außenluft durch ein befeuchtetes Trägermaterial geleitet. Dabei verdunstet Wasser, wodurch die Luft bis zu 15 °C (in Europa) abgekühlt wird – ganz ohne den Einsatz energieintensiver Kältemittel oder Kompressoren. Je heißer und trockener die Außenluft, desto höher ist die Kühlleistung. Diese Methode ist besonders energieeffizient, umweltfreundlich und zuverlässig, auch bei großer Hitze.
    (Quelle: Colt )

  4. Liquid Cooled Server (LCS) von Thomas-Krenn sind wassergekühlte Rack-Server mit einer innovativen Direkt-Heißwasserkühlung, entwickelt in Zusammenarbeit mit Cloud&Heat. Sie senken den Energieverbrauch deutlich, ermöglichen geringere Chip-Temperaturen und eine höhere Leistungsdichte. Die Kühlung führt die Wärme direkt von CPU und RAM ab, das erhitzte Wasser (bis 60 °C) kann zur Abwärmenutzung, z. B. für Heizung, weiterverwendet werden. LCS reduzieren Lüfterenergie und Stromkosten, minimieren Geräusche und Verschmutzung. Die Technologie ist besonders geeignet für rechenintensive Anwendungen wie KI und Cloud-Computing. Bestehende Server können nachgerüstet werden, und mit erfahrenen Partnern ist die Integration in Rechenzentren sicher und nachhaltig möglich.
    (Quelle: Thomas-Krenn)

 

Regionale Wasserknappheit & Standortwahl

Die Vereinten Nationen schlagen in einem aktuellen Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) Alarm: Bis 2050 könnten über fünf Milliarden Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser haben. Schon heute leben rund zwei Milliarden Menschen in Ländern ohne gesicherte Wasserversorgung. Hauptursachen sind Klimawandel, Bevölkerungswachstum und schwindende Wasserressourcen.

Laut dem Bericht nahmen seit der Jahrtausendwende Flutkatastrophen um 134 Prozent und Dürren um 29 Prozent zu. Gleichzeitig gingen die globalen Wasservorräte deutlich zurück. Die UN kritisieren mangelnde Vorbereitung: Frühwarnsysteme, Wassermanagement und Informationsaustausch seien oft unkoordiniert und unterfinanziert.

WMO-Generalsekretär Petteri Taalas fordert dringend internationale Maßnahmen. Der Bericht betont die Notwendigkeit von effektiven Klimadiensten, besserer Datenverfügbarkeit und nachhaltiger Wasserpolitik, um die drohende Krise abzuwenden.

(Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Das heißt: Standortwahl und technische Maßnahmen (z.B. freie Kühlung in kühleren Zonen, Wasserwiedergewinnung) müssen gezielt erfolgen, um sowohl Wasserverbrauch zu senken als auch regulatorische Risiken in der CSRD zu managen.

 

KI und Cloud treiben Wasserverbrauch von Rechenzentren in die Höhe

Der globale KI- und Cloud-Boom lässt den Wasserverbrauch von Rechenzentren drastisch steigen. Allein Microsoft und Google verbrauchten 2022 zusammen fast 30 Milliarden Liter Wasser – ein Anstieg um mehr als 25 % gegenüber dem Vorjahr. Hauptverursacher ist die energie- und kühlintensive Nutzung von KI-Systemen, die meist mit hochwertigem Trinkwasser gekühlt werden.

Ein Beispiel: Für das Training von GPT-4 im Juli 2022 wurden in Des Moines (USA) rund 45 Millionen Liter Wasser verbraucht – etwa sechs Prozent des dortigen Wasserverbrauchs. Angesichts solcher Zahlen wächst der politische Druck, den Ausbau neuer Rechenzentren an strengere Wasserauflagen zu knüpfen.

Zwar setzen Unternehmen wie Microsoft zunehmend auf Effizienzmaßnahmen, alternative Kühltechniken und Kompensationsprojekte, doch der Wasserverbrauch bleibt hoch. Eine US-Studie schätzt, dass eine einzelne ChatGPT-Nutzung im Schnitt bis zu einem halben Liter Wasser benötigt. Der Nachhaltigkeitsdiskurs rund um KI gewinnt damit eine neue, drängende Dimension.

(Quelle: connect professional)

 

Technologie‑Updates & Nachhaltige Infrastruktur

Viele bestehende RZ-Anlagen in Deutschland sind technisch überholt. Notwendige Ertüchtigungen bestehen aus:

  • Modernen Kühlsystemen (Liquid-/Immersion- statt reiner Luftkühlung),
  • Geschlossenen Kreisläufen zur Minimierung von Verdunstung,
  • Standortplanung entlang kalter Wasserquellen (z. B. nahe Flüssen in Nordeuropa) bzw. an Fernwärmenetzen.

Freie Kühlung kombiniert mit flüssigkeitsbasierter Technik kann erhebliche Effizienzgewinne erzielen und WUE verbessern.

 

Praxisbeispiel Yorizon: Wasser- & Wärmepotenziale nutzen

Yorizon ist ein Joint Venture, das technologische Innovation (insbesondere die Heißwasserkühlung) mit regionaler Infrastruktur verbindet. Ziel ist der Aufbau eines Netzwerks aus nachhaltigen, lokal integrierten YEXIO-Rechenzentren in Europa. Das Projekt Yorizon implementiert eine Heißwasser-Kühlstrategie von Thomas-Krenn.AG:

Yorizon setzt auf eine von Thomas-Krenn.AG entwickelte Heißwasserkühlung, die auf geschlossenen Kühlkreisläufen basiert. Diese Technologie nutzt Wasser als Kühlmedium, das aufgrund seiner hervorragenden Wärmetransporteigenschaften (bis zu 3.800-mal besser als Luft) besonders effizient ist.

Die Abwärme, die beim Kühlprozess entsteht, wird gezielt genutzt. Bis zu 80–85 Prozent der anfallenden Abwärme können als Fernwärme in kommunale Wärmenetze eingespeist oder anderweitig verwertet werden.

Durch den geschlossenen Kühlkreislauf wird der Trinkwasserverbrauch minimiert. Das System ist so ausgelegt, dass nur wenig oder gar kein zusätzliches Trinkwasser zur Kühlung benötigt wird.

Ein Joint‑Venture, das technologische Innovation mit regionaler Infrastruktur verbindet – und so ein Best‑Practice-Modell für CSRD-konforme, wasseroptimierte Cloud-Services bietet.

 

IT‑Governance als Hebel für Wassertransparenz und Compliance

IT‑Entscheider sollten:

  1. WUE als KPI im Cloud‑Reporting etablieren, idealerweise automatisiert über Sensorik und KI‑gestützte Systeme.
  2. Wiederaufbereitung von Wasser systematisch fördern – z. B. Rückgewinnung von Regenwasser.
  3. Neue Kühlsysteme evaluieren – Liquid‑ und Immersion‑Cooling, frei klimatisierte Standorte, ggf. Nutzung von Meer- oder Grundwasser.
  4. Standortstrategie entlang Wasserstress entwickeln: Verteilung von Rechenzentren auf wasserarme und wasserreiche Regionen.
  5. Rechenzentrum als Durchlauferhitzer, der ohne hohen Wasserverbrauch das Wasser ins Fernwärmenetz wieder zurückspielt.

(Quelle: Computerweekly)

 

 

Wettbewerb & Regulatorischer Nutzen
  • CSRD‑Konformität durch präzise Wasserkennzahlen,
  • Kosteneinsparungen durch effizientere Kühlung,
  • Risikominimierung bei Wasserknappheit,
  • Attraktivität für ESG‑Investoren (Wasser als wachsender Teil der Nachhaltigkeits‑Due Diligence).

 

Fazit

Wasserverbrauch wird 2025 für die CSRD-Berichterstattung ähnlich kritisch wie CO₂-Emissionen. Water Usage Effectiveness (WUE) ist das zentrale Steuerungsinstrument – mit hohem Einfluss auf Rechenzentrumstechnologie, Standortwahl und ESG‑Transparenz.

Innovative Ansätze wie Liquid Cooling, Free Cooling, Immersion, eingebettet in ganzheitliche Infrastrukturkonzepte wie bei Yorizon, zeigen, wie Wasserverantwortung, Compliance und Wirtschaftlichkeit erfolgreich kombiniert werden können.

 

Kernmaßnahmen auf einen Blick

Maßnahme

Wirkung auf WUE / Wasserverbrauch

WUE-Messung & Monitoring

Transparenz, Compliance, Reporting

Upgrades Kühlungssysteme

Verdunstungs- und Energieeffizienzsteigerung

Rückgewinnung & Recycling

Wiederverwendung mindert Frischwasserbedarf

Standortwahl & Free Cooling

Nutzung klimatischer Bedingungen

Immersion/Heat Reuse

Wasserersparnis & Abwärmenutzung (Fernwärme)

 

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